Um ehrlich zu sein: Es war das Buchcover, das mit seiner Schlichtheit meine Aufmerksamkeit erregte. “Sturm” stand da einfach, ein vertikaler Schriftzug inmitten eines stilisierten Windtrichters. Sehr vielversprechend – oder sollte ich lieber sagen unheilverkündend? In der Buchhandlung lag außerdem gleich eine kleine Leseprobe aus. Das erste Kapitel zum Mitnehmen, to go sozusagen.

Titel: Sturm
Autor: Uwe Laub
Verlag: Heyne / Random House
ISBN: 978-3-453-41980-3, 400 Seiten
Hörbuchversion gelesen von Stefan Kaminski (mein Tipp!)

 

Es beginnt ohne Warnung

Stürmisch beginnt es auch gleich: Während eines Fußballspiels im Berliner Olympiastadion bildet sich urplötzlich ein Tornado und verwüstet die Sportstätte vor den Augen des entsetzten Meteorologen Daniel Bender. Es gibt Tote und Verletzte. Zur gleichen Zeit trocknet in Australien ein See aus und der Permafrost in Russland verwandelt die Städte in einen Sumpf aus Schlamm und Morast. In einer Kleinstadt bei Hannover lernen wir dann Laura Wagner kennen, die mit ihrem Sohn auf einem Stadtfest von einem gewaltigen Hagelsturm überrascht wird. Soweit zum Anfang des Buches. Das Erzähltempo ist hoch, ohne jedoch jemals hektisch zu werden.

Wir lernen Laura Wagner etwas näher kennen, die als alleinerziehende Mutter für eine Forschungsfirma arbeitet. Während ihr Chef auf mysteriöse Weise ums Leben kommt, werden in China undurchsichtige Gespräche geführt. Es geht um Ehre, Macht und eine gehörige Portion Größenwahn. Ein gigantischer Hurricane jagt derweil auf die US Ostküste zu, Deutschland kämpft an einem Septembertag mit plötzlich einsetzenden, heftigen Schneefällen.

“Wer das Wetter beherrscht, hat die Macht.”

Was sich etwas so anhört wie der neue Katastrophenfilm von Roland Emmerich, entwickelt sich schnell zu einem durchdachten, spannenden Wirtschaftsthriller. Wer auf dramatische Evakuierungsmaßnahmen hofft, wird jedoch enttäuscht. “Sturm” befasst sich mit den Hintergründen der drohenden Katastrophe. Im Laufe der Geschichte treffen wir Laura Wagner und Daniel Bender wieder, nicht etwa vor den widrigen Wetterverhältnissen fliehend, sondern, in meinen Augen viel fesselnder und spannender, diskutierend und Antworten suchend. Die Dialoge sind teilweise ziemlich lang, wenn Daniel seine wissenschaftlichen Erkenntnisse teilt, aber es entsteht dennoch eine fast atemlose Spannung, erzeugt durch eine Bedrohung des Unfassbaren, des Unvorstellbaren.

Die Protagonisten sind sympathisch und authentisch, und es geschieht genau das, was man sich als Leser wünscht: Man leidet mit ihnen, hofft und bangt – meines Erachtens eine großartige Porträtierung durch Autor Uwe Laub. Seine Figuren sind liebenswert oder, wahlweise, auch furchterregend. Gefallen hat mir besonders, dass es auch unerwartete Verluste gibt, die schockieren und, ehrlich, kurz den Atem stocken lassen. Sowas will ich lesen! Ich möchte staunen, zurückblättern, noch einmal lesen. Uwe Laub erzählt die Geschichte unaufgeregt, immer mit einem Auge auf die Wissenschaft und Technik, aber mit einer anhaltenden Dramatik, die die Gefahr um die Wettermanipulationen greifbar macht.

Fazit: Die Geschichte um dieses komplexe Thema wird mit einer wunderbaren Leichtigkeit erzählt, man muss keine Angst vor Bandwurmsätzen oder endlosen wissenschaftlichen Abhandlungen haben. Im Gegenteil: Ich hätte den Ausführungen gerne noch Stunden länger gelauscht. Es ist eine unterhaltsame Informationslektüre, die aufzeigt, was vielleicht mal möglich sein kann und auch teilweise schon Wirklichkeit ist. Eine klare Leseempfehlung.

Die Hörbuchversion wird unnachahmlich und (wie immer) großartig von Stefan Kaminski gelesen. Wer Zeit und Muse hat sollte sich diesem Hörgenuss nicht verwehren.