Jeden Tag dreht sich unsere Welt vermeintlich noch etwas schneller als gestern, und wir straucheln über die alltäglichen Aufgaben, die wir uns teilweise selbst auferlegen. Hinzu kommt das Leben selbst mit seinen Schicksalsschlägen, großen und kleinen Krisen – und im Ofen verbrennt nebenbei die Steckrübenlasagne (Danke für das Rezept, liebe Mel!).

Dass es so ganz und gar nicht sein muss und dass der Umgang mit obengenannten Situationen erlernt werden kann, erzählt und erklärt der Psychologe und Journalist René Träder in seinem aktuellen Ratgeber:

Titel: Das Leben so: NEIN! Ich so: DOCH!
Autor: René Träder
Verlag: Ullstein, Berlin
ISBN: 9783548061344, 336 Seiten

Das Zauberwort lautet “Resillienz”. Ein geheimnisvolles Wort, welches heutzuage oft angeführt wird, wenn es um stressbedingte Belastungen geht – und dass es einem oft fehlt, wenn das Leben sozusagen aus der Reihe tanzt. Witzigerweise habe ich dieses Wort zuerst in der englischen Sprache kennengelernt (die Geprüfte Übersetzerin in mir läßt grüßen!). To be resillient wird gerne mit widerstandsfähig, zäh, unverwüstlich und, ja, auch elastisch übersetzt. René Träder findet für das Wort Resillienz meines Erachtens eine treffendere Umschreibung:

“Resillienz ist das Immunsystem der Psyche.”

Und außerdem:

“Die Kraft von Resilienz ist nicht, alles wieder in den Originalzustand zu versetzen, sondern daran nicht zu zerbrechen.”

Unser Immunsystem der Psyche kann, genau wie das Immunsystem des Körpers, gestärkt werden, und René Träder zeigt an acht Bausteinen die Rezeptur des Resillienzcocktails. Jedem Baustein ist ein eigenes Kapitel gewidmet: Verantwortungsübernahme, Akzeptanz, Zukunftsorientierung, Lösungsorientierung, Netzwerkorientierung, Optimismus, Selbstwirksamkeit und Erholung. Gespickt ist jedes Kapitel, jeder Baustein, mit kleinen Übungen und Anregungen, wie man den jeweiligen Baustein für sich stärken und somit einsetzen kann. “Nimm dir ein Blatt Papier…” ist dabei die häufigste Aufforderung, das Buch nicht nur passiv, sondern auch aktiv – im wahrsten Sinne des Wortes – zu lesen. Zugegeben, ich war viel zu neugierig, alle Resillienz-Bausteine kennenzulernen, so dass ich nur ein paar Übungen sofort durchgeführt habe. Dennoch habe ich mir Notizen gemacht, um zu einem späteren Zeitpunkt zurückzukehren. Jedes Kapitel endet mit einem “Fazit to go”, also einer Zusammenfassung, und einer (schon wieder!) Übung, die Highlights und Erkenntnissse für sich festzuhalten und zu notieren. Eine meiner persönlichen Notizen beispielsweise ist das “Dankbarkeitstagebuch” und der eindringliche Hinweis:

“Stress ist eine Entscheidung, Erholung auch.”

Wer das bunte Buchcover betrachtet, könnte meinen, es handelt sich um alles andere als einen Ratgeber oder ein Sachbuch. Dabei soll man natürlich niemals den Inhalt eines Buches über die Umschlagsgestaltung bewerten – dennoch liefert dieser farbige Hingucker schon gleich den ersten wichtigen Hinweis: Es wird hier nicht trocken und mit erhobenem Zeigefinger à la “Du musst jetzt 10x am Tag atmen” oder “Wenn du positiv denkst, geht’s dir besser!” gepredigt, sondern in humorvoller Art und Weise dieses wichtige Thema angegangen. Kleine persönliche Geschichten folgen auf Alltagssitutionen, in die man sich gut hineinversetzen kann. Die wissenschaftlichen Studien und Erkenntnisse sind mit Endnoten versehen und verständlich erläutert. René Träder spricht den Leser mit einem lockeren “Du” persönlich an, was mir sehr gefallen hat. (Ganz nebenbei: Wer René schon einmal in einer Sendung oder einem Podcast gehört hat, hört beim Lesen des Buches irgendwie automatisch auch seine angenehme Erzählstimme!)

“Fazit to go” :-)

René Träder schafft es, das bedeutsame Wort “Resillienz” in seinen vielen Facetten darzustellen und für Jedermann anschaulich (Himmel, ich klinge wie mein Deutschlehrer!) zu erklären. Unterhaltsam, fundiert und mit einer ungeheuren Leidenschaft für das Thema mentale Gesundheit – das ist “Das Leben so: Nein! Ich so: Doch!” Ein Leseempfehlung nicht nur für trübe, charaktervolle Herbsttage und eine Hilfestellung für die Momente im Leben, wenn man mal wieder einen Schubs in die richtige Richtung gebrauchen könnte.

Schließen möchte ich mit einem letzten Zitat aus dem Buch:

“Glück ist ansteckender als ein Schnupfen!”

René Träder (photo by Jessi Geib)