Der Plan war es, die Hörbuchversion von „Die Blutschule“ auf dem Nachhauseweg zu hören. Mehr nicht. Eigentlich sollte es nur ein Zeitvertreib sein, um die lange Autobahnfahrt erträglicher zu machen, und David Nathan als Erzähler ist immer ein Ohr wert. Dass ich jetzt hier sitze und meinen Senf dazugebe, war nicht geplant. Ganz und gar nicht. Muss aber sein, bevor ich platze (im guten Sinne).

Falls Sie ohne meinen Senf die Koordinaten bereits haben möchten, bitte:

Die Blutschule

Autor: Max Rhode (bzw. Der-dessen-Name-nicht-genannt-wird)
Verlag: BASTEI LÜBBE
255 SEITEN bzw. 266 MINUTEN
ISBN: 978-3-404-17267-2 (Buch)
ISBN: 978-3-7857-5194-7 (Hörbuch)

Hörbuch: gelesen von David Nathan

Sind Sie noch da oder schon auf dem Weg in den Buchladen? Gehen Sie lieber jetzt los und kaufen das Ding, bevor Sie am Ende dieses Sermons enttäuscht feststellen, dass die Geschäfte bereits geschlossen haben. Es gibt aber auch eine ebook- und kindle-Version sowie einen Audio-Download (finden Sie alles oben unter dem Bastei Lübbe-Link).

Ich warte solange…

Nun denn, wo war ich stehengeblieben? Ich hatte, wie erwähnt, die Hörbuchvariante gewählt. David Nathan läuft hier zur Höchstform auf. Seine lebendige Erzählweise und markante Stimme sind eigentlich schon ein Garant für einen Ohrgenuss, und “Die Blutschule” bildet keine Ausnahme. David Nathan erweckt die Figuren zum Leben und haucht jedem so seine oder ihre persönliche Klangfarbe ein. Selten habe ich ihn so “in Rage” gehört, so verdorben, so böse, dass sich die Nackenhaare aufstellen. Jede Zeile wird durch seine phantastische Interpretation quasi neu geschrieben. Wenn man vor diesem gesprochenen Text Angst bekommt, dann ist es  auch Nathans Verdienst.

In seinem Vorwort spricht Autor Max Rhode davon, dass ihm die Ideen durch alltägliche Begebenheiten kommen. Ein sich am Flussufer sonnender Mann wird bei ihm zum Opfer eines Unfalls oder Verbrechens. So einfach ist das. Und so schön schrecklich. Was muss in einem Autoren vorgehen, der sich solche Verderbtheit ausdenken kann? Das könnte man auch Sebastian Fitzek fragen, aber das gehört jetzt nich hierher (oder vielleicht doch?).

Die Geschichte spielt in Brandenburg. Vater, Mutter und zwei Söhne siedeln um auf’s Land, und das Unheil scheint sofort seinen Lauf zu nehmen. Geheimnisvolle Warnungen vor einem Sexualtäter, mysteriöse Andeutungen, unheimliche Geschichten vom Grunde eines Sees nehmen den Leser mit auf eine düstere Reise in die menschlichen Abgründe. Nichts ist, wie es scheint und alles ist, wie es scheint? Stephen King winkt grüssend herüber und spätestens beim Korkenzieherzwischenfall muss sich Max Rhode nicht mehr hinter dem Altmeister des Grauens verstecken. Dabei schafft es Max Rhode spielerisch, das Unheil im Nichtgesagten zu verstecken. Was ist schrecklicher als ein Grauen, dass man sich selbst ausmalen muss?  Eine kleine Katze, eine Gartenschere. Fertig, Absatz und los zur nächsten Schulstunde.

“Die Blutschule” ist nichts für schwache Nerven. Der Klappentext ist harmlos im Vergleich dessen, was die einzelnen Seiten beherbergen. Seien Sie gewarnt – und haben Sie Angst. Es lohnt sich. Die Geschichte ist schnörkellos geschrieben; hin und wieder erzittert man jedoch fast ehrfürchtig vor den wortgewaltigen Bildern.  “Wenn die Augen das Tor zur Seele sind, dann sahen wir gerade in das Tor zur Hölle.” Das Böse war selten so fesselnd.

P.S.: Bevor ich’s vergesse: Der Autor Max Rhode spielt die Hauptrolle in dem neuen Thriller  „Das Joshua-Profil“ von Sebastian Fitzek. Was Sie mit dieser Information anfangen, bleibt Ihnen selbst überlassen…