Titel: Babylon
Autor: Thomas Thiemeyer
Verlag: Droemer Knaur
528 Seiten
ISBN: 978-3-426-65363-0
Der Klappentext verspricht uns einen neuen Hannah-Peters Roman.
„Das irakisch-syrische Grenzgebiet. Zweistromland, Wiege der Zivilisation. Heute eine der gefährlichsten Krisenregionen der Erde.
Ausgerechnet hierhin entsendet Multimilliardär Norman Stromberg die Archäologen Hannah Peters und ihren Mann John Evans. Der Auftrag: die Erkundung eines der rätselhaftesten Zeugnisse der Menschheitsgeschichte.“
Nein, wie schon die anderen Romane mit der Protagonistin Hannah Peters, handelt es sich nicht um einen Indiana Jones-Verschnitt in weiblicher Form (siehe hierzu auch meinen Review zu „Valhalla„), sondern um eine intelligente, vielschichtige und überaus spannende Geschichte. Thomas Thiemeyers abenteuerliche Reise nimmt uns mit an Orte, die man heutzutage nur mit Schreckensmeldungen aus den Nachrichten in Verbindung bringt. Sindschar, Mossul, Bagdad, das Grauen kommt mit den Namen und hinterlässt einen bitteren Nachgeschmack. (Es erinnerte mich ein bißchen an eine Urlaubsreise auf den Balkan – plötzlich sieht man Schilder, die nach Sarajewo oder Mostar zeigen, und der kalte Schauer, der über den Rücken fährt, ist vorprogrammiert).
„Blut war ein zähes Zeug. Fettig, klebrig und dunkel.“
So lernen wir Khalid kennen, einen fünfzigjährigen Kämpfer des sogenannten IS. Irgendwo im Sindschar Gebirge hat er gerade einen Mann durch Folter getötet, um an Informationen zu gelangen. Man möchte Khalid sofort abgrundtief hassen, denn IS-Anhänger sind ja schließlich das personifizierte Böse, oder? Es wäre jedoch für einen Roman von Thomas Thiemeyer zu einfach – und auch zu langweilig – ein derart schwarz-weißes Bild zu zeichnen. Im nächsten Augenblick werden wir Zeuge, wie sich ein liebevoller Khalid rührend um seine Familie kümmert. Der Kontrast ist so unfassbar, dass man als Leser den Widerspruch zunächst nicht verarbeiten möchte. Konflikte dieser Art begleiten uns durch die Geschichte. Obwohl pure Fiktion – und im Verlaufe der Ereignisse auch grandios phantastisch – regt es zum Nachdenken an und katapultiert die Gefühle in eine verwirrende Grauzone von Gut und Böse.
Neben den menschlichen Abgründen sind es die gut ausgearbeiteten historischen und politischen Details, die „Babylon“ so lesenswert machen. Das ist ein Markenzeichen von Thomas Thiemeyer, die Geschichte für sich sprechen zu lassen und hier den Krisenherd im Nahen und Mittleren Osten auf unterhaltsame Weise in die Handlung einfließen zu lassen.
Mit der Frage, was Dante mit dem uralten Babylon zu tun haben könnte, entlasse ich Euch auf eine Abenteuerreise, die spannender und facettenreicher kaum sein könnte.