Kennen Sie diese Geschichten, die irgendwie unter die Haut gehen, aber man kann nicht ganz benennen warum? Das hier ist so eine Geschichte:
Titel: Alleine bist du nie
Autor: Clare Mackintosh
Verlag: Bastei Lübbe
Seiten: 447 Seiten
ISBN: 978-3-404-17470-6
Ein ganz normales Leben
Darf ich vorstellen? Zoe Walker pendelt jeden Tag von ihrem Wohnsitz am Rande von London in die Innenstadt. Sie ist geschieden, hat zwei erwachsene Kinder, einen neuen Freund und einen normal bis langweiligen Job. Bei der täglichen Pendelei entdeckt sie eines Tages eine Art Kontaktanzeige von sich selbst in der London Gazette. Zunächst hält sie es für eine Verwechselung – immerhin sind diese schwarz-weißen Bilder nicht sonderlich aussagekräftig, dazu noch auf Zeitungspapier. Es muss ganz klar ein Irrtum sein. Bald stellt sich jedoch heraus, dass Zoe unfreiwillig in das Visier eines Stalkers gelangt ist, und das Bild in der Anzeige nur eines von vielen ist.
Soweit zum Inhalt, von dem um Himmels Willen nicht mehr verraten werden sollte.
Stalking ist generell ein gruseliges Thema; die Vorstellung, von jemandem beobachtet zu werden, erzeugt Gänsehaut. Der wohlige Schauer, den ein gut gemachter Psychothriller bewirken sollte, lässt einen hier jedoch noch zusätzlich rückversichernd über die Schulter blicken. Vielleicht sollte man auch die Vorhänge oder Jalousien schließen und mal, ganz zufällig, seine tägliche Routine ändern.
Das Unheimliche in „Alleine bist du nie“ kommt schleichend. Die Hauptfiguren, allen voran Zoe Walker, deren durchschnittliches Leben leise und langweilig ist, sind die berühmten „Ottonormalverbraucher“. Selbst die zu dem Fall hinzugezogenen Polizisten sind nicht sonderlich auffallend – keine Colombo- oder Miss Marple-Verschnitte mit irgendwelchen liebenswerten Schrulligkeiten. Nein, wir lernen ganz normale Menschen kennen, die nichts anderes tun, als ihren Lebensunterhalt zu verdienen und nach Glück und Zufrieden hat in ihrem Leben zu streben.
Achtung, Spoilergefahr!
Das ist es aber, so denke ich, was diesen Thriller so außergewöhnlich macht. Unser eigenes Leben und unser eintönige Tagesablauf spiegeln sich in den Portraits der Protagonisten wieder. Und somit scheint so eine Geschichte jeden treffen zu können. Das Perfide an diesem Stalker ist jedoch, dass er zwar den Opfern nachstellt, die gewonnen Informationen jedoch großzügig mit zahlenden „Kunden“ teilt. Der Täter kann also praktisch jeder sein; die Opfer so willkürlich, dass es eine Warnung unmöglich macht.
Die Geschichte plätschert zunächst etwas vor sich – ganz getreu dem Motto „Und täglich grüßt das Murmeltier“. Die Spannung steigt ins Unermeßliche, als Zoe Walker auf eigne Faust Recherchen anstellt, um dem Täter auf die Spur zu kommen. Des Rätsels Lösung ergibt sich buchstäblich auf den letzten Seiten. Was bleibt sind Fassungslosigkeit und der feste Vorsatz, morgen einen anderen Weg zur Arbeit zu einzuschlagen.
Fazit
„Alleine bist du nie“ ist ein leiser Thriller. Blutrüstige Morde und brutale Killer sucht man vergeblich. Es ist das Unangenehme, das Gruseln, das „Zwischen den Zeilen-Lesen“, das eine unheimliche Atmosphäre schafft, der man sich nicht entziehen kann.